EXPERTENINTERVIEW EXPERTENTELEFON \"Gelenkbeschwerden und Übersäuerung\" am 07.10.2010 anlässlich des Welt-Rheuma-Tages

"Zu viel Säure behindert den Stoffwechsel und fördert Rheuma"

Experteninterview mit Prof. Dr. rer. nat. Jürgen Vormann, Ernährungswissenschaftler, Vorstand des Instituts für Prävention und Ernährung (IPEVI: www.saeure-basen-forum.de) in Ismaning bei München. Seine Schwerpunkte sind: Nährstoffmedizin und Gesundheitsprogramme.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Rheuma und andere chronische Schmerzen sollen eng mit gestörten Stoffwechselprozessen in Verbindung stehen. Wie muss man sich das vorstellen?

  • Prof. Vormann: Bei vielen entzündlichen oder autoimmunen Erkrankungen kommt es lokal durch den Stoffwechsel der Immunzellen zu einer Ansäuerung. Die Schmerzrezeptoren werden dann durch die gebildete Säure aktiviert und Schmerzen entstehen.

Wer ist vor allem von Rheuma betroffen?

  • Prof. Vormann: Die Rheumatoide Arthritis tritt oft zwischen dem 30. und 40. Lebensjahr auf und betrifft insbesondere Frauen. Sie verläuft schubweise und stellt leider eine chronische Erkrankung dar, die zu erheblichen Beeinträchtigungen der Gelenkbeweglichkeit mit Schwellungen und starken Schmerzen führt. Einfachste Handreichungen im Alltag werden damit zur Qual.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Rheuma und Stress?

  • Prof. Vormann: Sehr oft ist es so, dass durch Stress ein Schub der Erkrankung ausgelöst wird. Zudem wird in stressigen Situationen Schmerz möglicherweise intensiver empfunden und dadurch der Stress verstärkt. Um vorzubeugen, können regelmäßige Ruhepausen ebenso hilfreich sein wie Entspannungsprogramme oder Visualisierungsübungen, die auch in einigen Selbsthilfegruppen durchgeführt werden.

Gibt es eine Ernährungsform, die bei rheumatischen Erkrankungen zu empfehlen ist, und wenn ja, warum?

  • Prof. Vormann: Ja, das kann man sagen. Es gibt zwar keine klassische Rheuma-Diät, aber es gibt vernünftige Regeln, die man einhalten sollte. Konkret heißt das, relativ wenig Fleisch essen - höchstens zwei Mal pro Woche. Im Fleisch sind Omega-6-Fettsäuren enthalten, die in Arachidonsäure umgewandelt werden. Diese ist im Stoffwechsel an Entzündungsprozessen beteiligt, was zu einem verstärkten Schmerzgeschehen führt. Durch eine Reduktion der Arachidonsäure werden Entzündungsprozesse vermindert. Ich rate daher zu viel fettem Seefisch, mindestens zwei Mal pro Woche. Die darin enthaltenen Omega-3-Fettsäuren wirken als Gegenspieler zur Arachidonsäure.

Warum ist ein ausgeglichener Säure-Basen-Haushalt so wichtig für das Wohlbefinden?

  • Prof. Vormann: Die Säurekonzentration muss in unserem Körper sehr konstant gehalten werden. Chronisch zu viel Säure im Körper behindert den Stoffwechsel in den Zellen und fördert so zahlreiche Krankheiten und Beschwerden, wie eben auch Rheuma. Denn besonders empfindlich sind Nervenzellen, die bei Säurebelastung vermehrt Schmerzsignale zum Gehirn senden. Säuren lösen aber auch Kalzium aus den Knochen, die dadurch immer weicher werden.

Warum und bei wem gerät das Säure-Basen-Gleichgewicht aus der Balance? Ist quasi jeder betroffen?

  • Prof. Vormann: Eine Übersäuerung entsteht primär dadurch, dass wir uns langfristig säureüberschüssig ernähren, d.h. zu viel tierisches Eiweiß wie in Fleisch, Wurst und Milchprodukten, aber auch Backwaren und Softgetränke zu uns nehmen. Wird die überflüssige Säure nur unvollständig über die Nieren ausgeschieden, häufen sich die sauren Substanzen im Körper an. Mit zunehmendem Alter lässt die Nierenfunktion ohnehin nach und eine Übersäuerung schleicht sich ein.

Welche Anzeichen weisen auf eine Übersäuerung hin und warum?

  • Prof. Vormann: Anders als der Wadenkrampf, der als typisches Symptom eines Magnesiummangels gilt, gibt es für die Übersäuerung kein klassisches Krankheitszeichen. Wie auch bei anderen ernährungsbedingten Störungen kommt es zunächst zu relativ unspezifischen Beschwerden: Man fühlt sich weniger fit, ist müde und die Belastbarkeit nimmt ab. Nimmt der Säureüberschuss weiter zu, können körperliche Symptome wie Muskelschmerzen oder Verspannungen auftreten.

Wie kann man saure oder säurebildende Nahrungsmittel von basenbildenden unterscheiden? Muss man auf Fleisch und Co. komplett verzichten?

  • Prof. Vormann: Ob ein Nahrungsmittel sauer, basisch oder neutral ist, darüber informieren entsprechende Tabellen. Als Referenzwert gilt der so genannte PRAL(Potential Renal Acid Load)-Wert. Er gibt an, wie sich ein Lebensmittel auf den Säure-Basen-Haushalt auswirkt. Generell gilt, dass proteinreiche Lebensmittel wie Fleisch, Fisch, Käse, aber auch Getreideprodukte säurelastig sind und Gemüse, Salat und Obst den Körper mit Basen versorgen. Es ist nicht nötig, auf Fleisch und dergleichen zu verzichten, man muss die Säurelast aber ausgleichen. Wem das Nachschlagen in Lebensmitteltabellen zu aufwendig ist, der kann sich an eine einfache Regel halten und ergänzt eine Mahlzeit mit Fleisch (150-200 g) durch die drei- bis vierfache Menge Gemüse oder Salat.

Wie sollte ein aktiver Säureabbau im Idealfall aussehen?

  • Prof. Vormann: Da sich eine Säurebelastung über einen langen Zeitraum aufgebaut hat, muss man durch eine deutlich erhöhte Basenzufuhr für einen Ausgleich sorgen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass es nur wenigen Menschen gelingt, entsprechend große Mengen basischer Lebensmittel, wie Obst, Gemüse und Salat zu verzehren. Mit der zusätzlichen Einnahme von Basenpräparaten kann man die Entsäuerung daher sehr sinnvoll unterstützen.

In der Apotheke gibt es eine Fülle von basischen Präparaten. Worauf sollte man beim Kauf achten?

  • Prof. Vormann: Das Mittel sollte Citrate enthalten, wie es beispielsweise in Basica Vital der Fall ist. Im Unterschied zu den ebenfalls häufig verwendeten Bikarbonaten hemmen diese Substanzen die Magensäure nicht. Denn Magensäure ist wichtig für die Verdauung und verhindert, dass schädliche Keime in den Darm gelangen. Citrate können zudem besser vom Körper verwertet werden und füllen den Basenbestand des Körpers wieder auf. So wirken sie langanhaltender und kontinuierlicher als andere Basen.
Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen